Einig waren sich Quenzel, Professorin für Bildung und Gesellschaft an der PH Vorarlberg und Leiterin des dortigen Institut für Bildungssoziologie, und Jochum-Müller, Gründer von Zeitpolster in der Bedeutung einer funktionierenden Streit- und Dialogkultur. „Eine Streitkultur ist die Bedingung für einen Zusammenhalt, der nicht verordnet ist“, so Quenzel, und Jochum-Müller hält sie für „total wichtig“ für jede soziale Innovation.
Einig war man sich auch in den beobachteten Defiziten. „Alte Menschen machen Politik für andere alte Menschen“ – so laut Quenzel der Eindruck vieler Jugendlicher, während aus Jochum-Müllers Perspektive die Kategorisierung nach Alt und Jung zunehmend obsolet wird. „Denksilos im Sinne von Lebensabschnittsphasen“ seien den Herausforderungen des demografischen Wandels ebenso wenig angemessen wie das tradierte Bild der familiären Solidarität oder die aktuellen Konzepte im Sozialbereich. „Wir werden die Probleme mit Geld nicht mehr lösen“ – eine enorme Herausforderung, zumal wenn, so Quenzel, unter den Jungen viele „die Hoffnung aufgegeben haben, etwas für ihre Solidarität zu bekommen“.
Der Innovationsdruck ist also hoch, und Jochum-Müllers Beobachtung zufolge gibt es „rund um den Bodensee viele tolle Initiativen, die aber nach einigen Jahren scheitern – das kann nicht sein.“ Eine verstärkte Kooperation von Wissenschaft und Praxis ist aus einer Sicht ein Weg zu tragfähigen Strukturen: „Jede Zusammenarbeit ist für uns ein Glücksfall.“
Auch Quenzel fielen einige konkrete Ansatzpunkte ein. So wird sie als Co-Autorin der Shell-Jugendstudie regelmäßig zu Vorträgen eingeladen, gibt dort aber nach ihrem Empfinden den anwesenden Praktiker*innen aber „unbefriedigende Antworten darauf, was sie denn mit unseren Ergebnissen anfangen könnten – weil ich die Praxis nicht kenne. Würden wir uns mehr Zeit nehmen, wären wir zusammen auch kreativ.“ Nach dem Projekt Bildung und Partizipation würden sie und ihr Team sich über eine erneute Zusammenarbeit mit Schulen und Jugendlichen freuen, die Zeit und eventuell auch ein paar Ideen mitbringen.
Die Bewerbungsfrist für die Ausschreibungen „Dialog und Streit(-kultur) für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“ sowie „Professionalisierung der Arbeit am gesellschaftlichen Zusammenhalt“ endet am 25. Januar 2023. Weitere Ausschreibungen sind in Planung.
Das gesamte Inspiration Panel können Sie hier nachhören: