December 7, 2022

Viel einfacher und viel größer

Jens Poggenpohl
Redaktion und Kommunikation
Die Rahmenvereinbarung Studium und Lehre regelt erstmals multilateral die Studierendenmobilität im Wissenschaftsverbund. Johannes Dingler, Leiter des International Office der Universität Konstanz, freut sich besonders darüber – und verrät im Gespräch, mit wie vielen Grenzgänger*innen er zum Start rechnet.

Die Rahmenvereinbarung Studium und Lehre wurde am gleichen Tag unterzeichnet, an dem der Wissenschaftsverbund gegründet wurde – das wirkt sehr symbolträchtig. Welchen Stellenwert hat die Vereinbarung aus Ihrer Sicht?

Es ist ein schönes Symbol für etwas, das wir als Arbeitsgruppe International des Wissenschaftsverbunds schon lange wollten, und wir sind wirklich froh und stolz, dass wir jetzt geschafft haben, eine multilaterale Vereinbarung für die Studierendenmobilität zu verabschieden. Wir haben uns deshalb bewusst dafür entschieden, die Unterzeichnung für die Rahmenvereinbarung auf diesen Tag zu legen.

Inhaltlich hat das mit dem Wandel von der IBH zum Wissenschaftsverbund aber nichts zu tun. Die Herausforderung lag vielmehr darin, eine Konstruktion zu finden, mit der alle 25 Partnerhochschulen einverstanden sind. Da gab es verschiedene Interessenslagen und auch Vorbehalte.

Welche waren das?

Eine der großen Ängste mancher Hochschulen war, von Studierenden „überschwemmt“ zu werden. Deshalb war der erste Schritt, dafür zu sorgen, dass Hochschulen sehr klar sagen können, was sie möchten. Sie können deshalb selbst festlegen, wie viele Studierende sie aufnehmen können bzw. wollen.

Bisher gab es solche Vereinbarungen nur bilateral. So hat zum Beispiel unser Fachbereich Politik-undVerwaltungswissenschaft mit dem Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich eine Vereinbarung. Das ist aber sehr kompliziert und mit einem teilweise hohen Aufwand verbunden. Auch für die Studierenden wird das Verfahren demnächst einfacher – und das Angebot grösser.

Das heisst konkret?

Jemand, der etwa an der Uni Konstanz studiert, kann künftig während eines Semesters einzelne, bewertete Lehrveranstaltungen an einer der anderen 24 Hochschulen des Verbunds besuchen. Dies erweitert die Möglichkeiten für Studierende in der Vierländerregion auf zuvor unvorstellbare Weise.

Die Teilnahme ist  für die Studierenden allerdings an Voraussetzungen geknüpft. Welche sind das?

Die erste Voraussetzung ist, dass sie über die sprachlichen Voraussetzungen verfügen. Die zweite ist die, dass sie die fachlichen Voraussetzungen nachweisen können. Das prüfen wir beides.

Wer ist dieses „Wir“?

Zum 1. Februar 2023 wollen wir eine Koordinierungsstelle in Teilzeit besetzen, bei der sich die Studierenden bewerben werden. Die Details werden über die Hochschulen an die jeweiligen Studierenden kommuniziert. Bei der Koordinierungsstelle findet die Vorprüfung statt. Die zweite Prüfung führen die Hochschulen selbst durch. Danach gibt es eine Zu- oder Absage.

Wie wird zum Beispiel die Kontingentierung an der Universität Konstanz aussehen?

Wir werden wahrscheinlich zunächst fünf Plätze pro Jahr zur Verfügung stellen, aber keine Einschränkungen bei Fächern oder bestimmten Hochschultypen vornehmen. Wenn die fachlichen Voraussetzungen erfüllt sind, haben wir zum Beispiel auch keine Vorbehalte gegen Studierende anderer Hochschultypen.

Trauen Sie sich eine grobe Schätzung zu, wie viele Studierende das Angebot pro Jahr nutzen können?

Wir sind gespannt, welche Kontingente uns die Hochschulen melden werden, und das Interesse der Studierenden ist schwer vorherzusagen. Mein persönlicher Tipp ist, dass es zwischen 50 und 80 Studierende sein werden.

Klingt nach einer überschaubaren Anzahl.

Ja, aber die Idee ist ja auch, dass die Studierende einzelne Kurse besuchen, und hier spielt die bekanntlich nicht immer leichte Mobilität rund um den Bodensee eine Rolle. Zwischen Konstanz und Zürich ist das natürlich einfacher, als wenn jemand aus Weingarten nach St.Gallen möchte.

Man hört zuweilen die Klage, dass Absolvent*innen die Region wieder verlassen, ohne sie ausserhalb ihres Studienorts näher kennengelernt zu haben. Versteht sich das Angebot auch als Einladung dazu?

Natürlich, und die AG International hat sich von Anfang an auf die Fahnen geschrieben, die Vierländerregion insgesamt erfahrbarer zu machen. Wir haben dazu schon Instrumente entwickelt wie die Summer School als Incoming Event für Austauschstudierende oder die Cultural Rotation Events, bei denen wir mit Hilfe von Exkursionen Ländergrenzen überwinden wollen. Umso schöner, dass uns das jetzt auch bei der Studierendenmobilität gelungen ist.

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